Eckhard Mattner, Lichtenfels

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens

Ein spannender Lebensweg vom Aussteiger zum authentischen Christen.


Eckhard Mattner, geb. 1957, verheiratet, drei Kinder.Nach der theologischen Ausbildung war er Jugendpastor in Berlin, dann Pastor und Gemeindeleiter in Hanau. Später leitete er die Inlandmission des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden in Deutschland (BFP) und ist jetzt Pastor der Freien Christengemeinde Lichtenfels. Seit vielen Jahren ist er auch im überregionalen Reisedienst als Evangelist, Lehrer und Seelsorger tätig.
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In meinem Elternhaus waren Gespräche über den Glauben tabu. Für meinen Vater war Religion „Opium fürs Volk“, wie es Karl Marx formuliert hatte. Er sagte mir: „Hüte dich vor den Pfaffen, sie wollen nur an dein Portemonnaie!“
Als ich sechs Jahre alt war, wurde meine Mutter sehr krank. Ich wurde vorübergehend in einem „christlichen“ Kinderheim untergebracht. Vor dem Essen, nach dem Essen, vor dem Schlafengehen wurde gebetet. Und weil ich nicht wusste, was ich Gott sagen sollte, sprach mir die Leiterin vor: „Ich bin klein … mein Herz ist rein …, soll niemand drin wohnen … als Jesus allein.“ Ich war mir beim Nachsprechen bewusst, dass das mit dem reinen Herzen nicht stimmte. Nur gut, dass es keinen Gott gab.
 
Die erste „Lebenskrise“
Ich war acht, als ich mich erstmals fragte, was ich im Leben wirklich will. Damals setzte ich mir zwei Ziele: Ich wollte Mittelstürmer beim FC Bayern München werden und reich werden. Ich wollte mich in der Schule anstrengen, Abitur machen, später eine blonde Frau heiraten, ein großes Auto fahren und ein Haus bauen.
Als ich in der achten Klasse war, kamen einige Wiederholer in unsere Klasse, die ganz anders waren. Sie nannten sich Hippies, hatten lange Haare und sagten, Drogen, Rockmusik und Mädchen seien ihr Lebensinhalt. Sie fühlten sich frei von allgemeinen Normen. Faszinierend! Ich dagegen – kurze blonde Haare, blaue Augen, meistens in der kurzen Lederhose – bekam einen roten Kopf, wenn ich ein Mädchen ansah. Die Hippies nannten mich „kleiner Spießer“. Das ärgerte mich.
 
Was ist der Sinn des Lebens?
Ich suchte eine Antwort auf diese bohrende Frage. Zuerst fragte ich meinen Vater. Er hielt mir einen langen Vortrag über den Sozialismus, der mir nichts brachte. Ich fragte auch meinen Großvater. Ohne Erfolg. Er selbst hatte die Frage oft im Alkohol ertränkt.
Dann fiel mir ein bekannter, reicher Manager ein, der in einer großen Villa am Stadtrand von Wuppertal wohnte. Ich ging dorthin, klingelte und fragte auch ihn: „Was ist der Sinn des Lebens?“ Erstaunt über meinen Besuch, zeigte er mir dann sein Haus mit Swimmingpool im Keller und im Garten, die Garage mit Mercedes und Porsche. Er stellte mich seiner superblonden Frau vor und lud mich zu einer Spritztour im Mercedes ein. Ich war begeistert! Aber beim Abschied sagte er mir: „Junge, Reichtum ist nicht alles! Ich suche immer noch nach dem Sinn des Lebens.“
 
Anpassung
Weil ich den Hippies nicht überzeugend beweisen konnte, dass ihr Weg falsch sei, begann ich selbst wie die Hippies zu leben. Ich ging zwar weiter zur Schule und wohnte zu Hause. Aber ich ließ als Protest gegen die spießige bürgerliche Gesellschaft meine Haare so lang wachsen, dass ich mich draufsetzen konnte und hatte kommunistische Parolen auf den Lippen, denn links zu sein, war in! Dann begann ich Drogen zu nehmen, erst leichtere, dann härtere. Oft betrank ich mich und hatte mit 15 Jahren zweimal Alkoholvergiftung. Meine Eltern waren entsetzt, ich stolz. Auf meiner Lederjacke stand: Make love, not war! Mein Problem war nur: Es klappte nicht mit der Liebe und auch nicht mit dem Frieden.
 
Dann kam der Schock
Der gute Schüler war passé, ich war zweimal sitzen geblieben. Es wurmte mich, fraß innerlich in mir, aber äußerlich blieb ich cool. Kurz vor meinem 18. Geburtstag sagte mir mein Lateinlehrer: „Eckhard, du schaffst es wieder nicht, du wirst zum dritten Mal sitzen bleiben und die Schule verlassen müssen. Wandere nach Nepal aus. Dort kannst du im Vorgarten Haschisch und Opium anpflanzen, soviel du brauchst, und sogar Europa noch beliefern.“
 
Nepal?
Das war’s! Ich entschloss mich, im Frühjahr 1975 nach Nepal auszuwandern. Doch kurz vor dem Termin passierte etwas Unvorhergesehenes. Weil ich in Nepal kein deutsches Bier bekommen würde, wollte ich mit meinem Freund zum Abschied noch eine richtige Kneipentour machen. Wir hatten das erste Bier noch nicht getrunken, als wir im Fußgängertunnel Lärm hörten. Wieder eine linke Demo, also nichts wie hin! Doch wir fanden keine Linken, sondern Christen. Junge Leute, gut gekleidet, kurze Haare. Sie sangen von Jesus und dann predigte ein junger Mann über die Liebe Gottes.
Ich war total geschockt. Was wollten die denn hier, das war unser Terrain! Mir kam der Gedanke, den jungen Mann anzuspucken. Mal sehen, ob er dann weiter von Gottes Liebe sprechen würde. Aber ehe ich es tun konnte, kam mir ein Mann zuvor. Er spuckte ihm direkt auf den Anzug. Der Prediger unterbrach kurz, putzte die Spucke ab und sprach weiter. Irre! Der Stadtstreicher spuckte weiter, der Prediger predigte weiter, ohne Fanatismus, aber überzeugend, von Gottes Liebe.
 
Die Wahrheit
Plötzlich wurde mir klar: Das ist die Antwort auf meine Suche nach dem Sinn des Lebens! Drogen, Alkohol und Mädchenbeziehungen hatten mir nicht gebracht, was ich suchte. Ich hörte fasziniert zu. Jesus Christus sei die Antwort auf die Sehnsucht des Menschen nach Liebe und Geborgenheit, für dieses Leben und in Ewigkeit. Aber weil mein Freund dabei war, wollte ich mir keine Blöße geben. Ein junger Mann kam auf mich zu: „He, ich freu mich, dass du auch an Jesus glaubst!“ – „Wie kommst du denn da drauf?“, protestierte ich. – „Du trägst doch das Kreuz!“ – Ich lachte ihn aus: „Dieses Kreuz habe ich in Spanien einem Mönch beim Pokern abgenommen, der pleite war.“ – „Jesus liebt dich!“ erwiderte er hartnäckig. Daraufhin machte ich ihn ganz schön fertig, so dass er schließlich weinend wegging. Ich spottete laut über ihn. Da drehte er sich um, packte mich an der Lederjacke und schrie mich an: „Du bist der total coole Typ, aber nur äußerlich, innerlich heulst du, weil du so kaputt und verloren bist!“ Ich war geschockt! Genau das war mein Leben. Noch nie hatte jemand gewagt, es mir so ins Gesicht zu sagen.
 
Überführt
Ja, es stimmte. Ich wusste, dass ich verloren war und sich auch in Nepal nichts ändern würde. Und plötzlich entschied ich mich zu beten, mitten im Fußgängertunnel am Wuppertaler Hauptbahnhof. Es war mir egal, was die vielen Menschen und mein Freund dachten. Ich stellte mich in eine Ecke und bat Jesus, in mein Leben zu kommen: „Ich kann mir nicht vorstellen, wie du das machst, aber das ist deine Sache. Ich möchte, dass du in mein Leben kommst, mir vergibst und dass ich einen neuen Anfang machen kann.“ Augenblicklich empfand ich einen tiefen Frieden und wusste schlagartig: Jetzt bin ich gerettet, mein Leben gehört Gott. Falls jemand jetzt sagt, das war nur Emotion, soll er wissen: Jetzt bin ich seit 33 Jahren Christ, was ich damals erlebte, ist die wichtigste Realität in meinem Leben.
 
Der Nagel
Aber es ging nicht alles so glatt. Obwohl ich ganz sicher Christ war, nahm ich weiterhin Drogen, unterhielt meine Mädchenbeziehungen und trank weiter viel Alkohol. Heimlich las ich in der Bibel, die mir mein Pfarrer im Konfirmandenunterricht geschenkt hatte. Aus Protest gegen Gott hatte ich sie mit einem dicken Nagel zugenagelt. Den zog ich nun heraus und begann im Neuen Testament zu lesen. So lernte ich Jesus kennen. Ich erlebte, was in der Apostelgeschichte Kapitel 1 und 2 steht, die Taufe im Heiligen Geist und dessen verändernde Kraft. Gott lehrte mich, meine Beziehungen zu klären, speziell zu Mädchen. Ich brach die sexuellen Beziehungen ab. Bei meinen Lehrern entschuldigte ich mich für meine Rebellion in der Schule – mit dem Ergebnis, dass sie mir noch eine Vier als Chance gaben.
 
Die Veränderung
Beim Pressefest der deutschen Kommunistischen Partei im Herbst 1975 befreite mich Jesus in einem Augenblick von Drogen, mitten in Trubel, Atheismus und Rockmusik. Innerhalb einer Woche war ich frei von Depressionen, die durch den Drogenkonsum verursacht worden waren. Ich suchte Gemeinschaft mit Christen. Leider sagte mir der Pfarrer, mit dem ich sprach: „Gott persönlich erleben, das gibt es nicht. Gott ist die Liebe zwischen den Menschen, mehr nicht.“ Ich bin froh, dass ich heute weiß, dass es auch andere, gläubige Pfarrer gibt.
Bei meiner Suche stieß ich auf die „Children of God“, die „Kinder Gottes“. Sie hatten lange Haare wie ich, sprachen auch von Gott und forderten mich auf, die Schule und mein Elternhaus zu verlassen, weil Petrus und Matthäus auch alles verließen, um Jesus zu folgen. Beim Bibellesen wurde mir klar, dass mein Platz zu Hause war. Daraufhin jagten sie mich weg.
Dann fand ich die Zeugen Jehovas. Mit Interesse las ich ihre Schriften, besonders ihre spezielle „Neue-Welt-Übersetzung“. Als ich aber Differenzen zu meiner Lutherbibel in ihrer Lehre feststellte, ging ich nicht mehr hin.
Ich traf zwei Missionare aus USA, die mir sagten, ich sei von Gott zu ihnen geführt. Gott wolle mir mehr geben als die Bibel, nämlich das Buch Mormon. Der Inhalt faszinierte mich und ich wollte mich dort taufen lassen. Aber Gott wies mich auf die Stelle im Galaterbrief, Kapitel 1, 8-9: Selbst wenn ein Engel vom Himmel kommen und euch ein anderes Evangelium predigen sollte, der sei verflucht. Diese Verse überzeugten mich, dass auch die Mormonen einer Irrlehre folgen.
 
Endlich Klarheit!
Dann traf ich engagierte Christen. Und ich traf Ralf, mit dem ich ein Missionsteam der „Jesus-People“ bildete. Jahrelang evangelisierten wir, sprachen Menschen auf der Straße an, machten Hausbesuche, Pantomime und Teestube. Und Menschen kamen zum lebendigen Glauben an Christus. Ich las Jesaja 6,8, wo Gott fragt: „Wer will unser Bote sein?“ Meine Antwort war klar: „Ich bin bereit!“ Aber als Gott mir sagte, Pastor zu werden, begann ich zu argumentieren. Zu allem war ich bereit, aber Pastor…? Aber schließlich wurde ich es doch. Ich wollte eine Bibelschule besuchen. Die Lehrer dort erkannten meine Berufung, aber auch meine Faulheit. Der Direktor sagte mir: „Ich kann mir vorstellen, dass du zu Hause, wenn deine Mutter Geschirr spült, sagst: Mach dir Tür zu, ich kann dich nicht arbeiten sehen!“ Genauso war es. Ich predigte lieber, als anzupacken. Aber Gott formte mich. Ich machte eine Lehre als Fotograf, heiratete und ging dann mit meiner Frau zur Bibelschule. In Berlin war ich dann zwei Jahre im Christlichen Zentrum als Jugendpastor. Über verschiedene Aufgaben führte unser Weg als Familie nach Lichtenfels. Jesus Christus ist mein Herr, und noch mehr, er ist mein bester Freund. Ich weiß jetzt, was der Sinn meines Lebens ist und bin froh, ihn in Christus gefunden zu haben.


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