VOICE: Frau Kuby, warum kämpfen Sie in Ihren Vorträgen und Ihren Büchern so engagiert gegen „Gender-Mainstreaming“?
Gabriele Kuby: Weil der Staat keinerlei Legitimation hat, die Geschlechtsidentität von Mann und Frau und das Wertefundament der Gesellschaft willkürlich zu verändern. Das ist eine Top-down-Revolution von der UN über die EU zu den nationalen Regierungen und von dort in die Feinstruktur der Gesellschaft. Man redet von Gleichberechtigung, Gleichstellung, meint aber im Grunde die Aufhebung der Geschlechtsidentität. Es soll zur Freiheit des Menschen gehören, zu wählen, ob jemand Mann oder Frau sein will und ob er oder sie hetero-, homo, bi, transsexuell oder queer sein will. Unter queer ist jede denkbare Perversion subsumiert. Durch das Gleichstellungsgesetz muss alles als gleichwertig anerkannt werden.
VOICE: Umso erstaunlicher ist es dann, dass es keine öffentliche Debatte über Gender-Mainstreaming gibt.
Gabriele Kuby: Gender Mainstreaming lebt davon, dass es keine öffentliche Debatte gibt! Weder in den Parlamenten noch in den Medien hat es eine wahrnehmbare Diskussion gegeben. Die meisten Menschen kennen nicht einmal den Begriff „gender“. Der Versuch, die Geschlechterdifferenzierung von Mann und Frau abzuschaffen, ist so absurd, dass es kaum jemand für möglich hält. Hinzu kommt, dass die Gender-Ideologinnen sich einer bewusst verschleiernden Sprache bedienen.
VOICE: Welche Reaktionen erleben Sie?
Gabriele Kuby: Das Klima wird zunehmend intoleranter. Es gibt neue Schimpfwörter für Gegner dieser Entwicklung, z.B. „Heterosexist“ oder „homophob“. Das ist skandalös. Bis 1973, als die American Psychiatric Association die Homosexualität unter massivem Druck von der Liste der Krankheiten strich, galt Homosexualität allgemein, z.B. auch für Sigmund Freud, als Störung der Geschlechtsidentität. Heute haben angeblich die eine krankhafte Angstneurose (= Phobie), die sich gegen die politische Homosexualisierung der Gesellschaft wenden.
Diese Themen sind zu Tabus geworden, deren Verletzung geahndet wird mit Mobbing, Verleumdung, Berufsverbot (Buttiglione) und Ausschluss aus dem öffentlichen Diskurs. Wir bewegen uns mit großem Tempo in Richtung eines neuen Totalitarismus.
VOICE: Es scheint, daß die Familie dabei unter die Räder kommt.
Gabriele Kuby: In der Tat. Die immer geforderte Toleranz für die verschiedenen Lebensentwürfe hört sofort auf, wenn man sich für Eltern und Kinder als die von Gott gewollte Familie einsetzt, in der sich Kinder zu starken Persönlichkeiten entwickeln können. Wer die Zusammenhänge zwischen frühkindlicher Fremdbetreuung und späteren Problemen der Kinder thematisiert, riskiert öffentlich angeprangert zu werden, da die meisten Medien dem feministischen, familienfeindlichen Zeitgeist huldigen. Man denke nur an die Medienhetze gegen Eva Herman.
VOICE: Welche Möglichkeiten sehen Sie, die erkannten Ursachen für die Probleme unserer Gesellschaft in den Griff zu kriegen?
Gabriele Kuby: Das Erste wäre, wirkliche Wahlfreiheit für Familien zu schaffen, indem man die häusliche Erziehung mit der außerhäuslichen Betreuung gleichstellt und ähnlich intensiv finanziell unterstützt. Es geht ja um viel mehr als um: Satt, sauber, aufgehoben. Das Wichtigste ist, unseren Kindern emotionale Wärme und Geborgenheit zu vermitteln, Liebe, ohne die kein Mensch eine stabile Persönlichkeit entwickelt.
Dann müssen die Eltern endlich Widerstand gegen die Sexualisierung ihrer Kinder leisten, die bereits im Kindergarten beginnt. Die Broschüren, die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und Pro Familia in Schulen verteilt werden, animieren in Wort und Bild zu frühem Sexualverkehr. Die Kinder werden zu Verhütungsexperten ausgebildet und die Abtreibung wird ihnen als ganz normale Option angeboten. Frühsexualisierte Kinder werden familienunfähig. Das alles geschieht angesichts der demographischen Katastrophe, in die wir unaufhaltsam hineinschlittern. Wir Christen haben sehr lange geschlafen. Es ist höchste Zeit aufzuwachen und aufzustehen.