Kinder vor der Abtreibung zu retten, ist das Hauptanliegen von Gehsteigberaterinnen. Phantasie, Mut und Überzeugungskraft sind gefragt.
Im Sommer 2006 verklagte der bekannte Abtreibungsarzt Friedrich Stapf, der in seinen Kliniken in München und Stuttgart schon etwa 100.000 Kinder abgetrieben hat, die Gehsteigberater vor seiner Klinik in München. Er verlor den Prozess. Die von ihm vorgebrachten Gründe der Geschäftsschädigung und andere Beschuldigungen erschienen dem Landgericht München I nicht stichhaltig. (Urteil Az 28 O 5186/06).
1000 Kinder pro Werktag oder 40 Schulklassen pro Schultag, das ist die traurige Bilanz der straffreien Abtreibungspraxis in Deutschland. Seit Jahren sind die Konsequenzen bekannt. Mehrere Organisationen treten für den Schutz des ungeborenen Lebens ein und helfen Frauen, die sich entscheiden, ihr Kind zu bekommen. Seit einigen Jahren versuchen Gehsteigberater/innen, in letzter Minute die werdenden Mütter zu überzeugen, ihr Kind zu behalten. Die 25jährige Maria Grundberger ist eine von ihnen.
VOICE: Frau Grundberger, Sie engagieren sich seit 7 Jahren als Gehsteigberaterin. Wie kam es dazu?
Maria Grundberger: Ich verließ eine Party, die mir nicht besonders gefiel. Im selben Haus war an dem Abend ein Vortrag von Monsignore Reilly aus New York über Gehsteigberatung, den ich mir dann anhörte. Im Anschluss machte ich eine Schulung bei HLI in Wien mit und wuchs allmählich in die neue Aufgabe hinein.
VOICE: Damals waren Sie noch Schülerin. Hat die Beratungstätigkeit Ihre Berufswahl beeinflusst?
Maria Grundberger: Durch die Beratungstätigkeit wurde der Wunsch, Hebamme zu werden, sicher gefestigt. Mir war es wichtig, bei der Beratung wirklich kompetent zu sein.
VOICE: Wie sprechen Sie die Frauen in dieser schwierigen Situation an?
Maria Grundberger: Die Ansprache ist individuell und spontan, denn jede Frau ist anders. Meistens gebe ich ihnen einen Flyer mit Hilfsangeboten und sage, dass ich Hilfe für sie im Schwangerschaftskonflikt habe. Natürlich habe ich gewisse Hintergrundinformationen, die ich den Frauen erzähle, wie beispielsweise die physische Entwicklung des Ungeborenen und das das Herzchen bereits seit dem 21. Tag schlägt. Des Weiteren frage ich oft die Frauen, welche Hilfe ich Ihnen anbieten könnte, dasmit sie sich doch noch für ihr Kind entscheiden. Ich zeige Ihnen Bilder von Ungeborenen und kläre sie über die möglichen körperlichen und seelischen Folgen der Abtreibung auf.
VOICE: Welche Reaktionen erleben Sie?
Maria Grundberger: Das ist sehr unterschiedlich. Die meisten Frauen haben bereits einen wochenlangen Konflikt hinter sich und haben sich nach langem Hin und Her zur Abtreibung entschlossen. Am Tag der Abtreibung wollen sie es nur „Hinter sich“ bringen und sind deswegen sehr verschlossen, einige sogar aggressiv, weil ich ihr schlechtes Gewissen wecke. Dennoch gibt es immer wieder Frauen, die unsere helfende Hand annehmen, zuhören und die Kraft finden, in letzter Sekunde ja zu ihrem Kind zu sagen.
VOICE: Wie verhalten sich die Männer?
Maria Grundberger: Viele wollen ihre Partnerin vor uns „schützen“ und signalisieren, dass keine Ansprache erwünscht ist. Besonders die Männer, die mit enormem psychischen Druck die Frauen zur Abtreibung zwingen, haben Angst ihren Einfluss zu verlieren. Es gibt aber auch immer wieder Männer, die sich eigentlich das Kind wünschen, aber es nicht beschützen können. Diese Männer sind oft dankbar für Gespräche.
VOICE: 300 Kinder sind nachweislich schon in München gerettet worden, wahrscheinlich sogar etwa 500. Wie sieht denn Ihre Hilfe aus, wenn eine Frau sich aufgrund des Gesprächs für das Kind entscheidet?
Maria Grundberger: Wir versuchen einen möglichst umfassenden Einblick in die jeweilige Situation zu bekommen und bestmöglich zu helfen. Sei es durch Gespräche, durch Vermittlung von Kinderbetreuung, Begleitung bei Behördengängen, Rechtsberatung durch unseren Anwalt Stefan Brandmaier, Wohnungssuche etc. Viele Frauen haben finanzielle Probleme und wir unterstützen sie von derALfA mehrere Monate, zahlen Mieten etc.
VOICE: Wie erklären Sie, dass Frauen ihre Entscheidung für eine Abtreibung durch ein relativ kurzes Gespräch rückgängig machen?
Maria Grundberger: Die übliche Beratung ist einfach zu schlecht und zu einseitig. Viele Frauen wissen kaum, was bei einer Abtreibung passiert, sind sich nicht bewusst, dass ihr Kind schon lebt und eigentlich nur noch wachsen muss. Viele sind auch unter Druck oder in wirklicher Not und so verzweifelt, dass sie in ihrer Panik keinen Ausweg sehen. Im Grunde sind sie aber erleichtert, wenn sie nicht abtreiben müssen. Sie brauchen nur jemanden, der ihnen verlässlich zur Seite steht.
VOICE: Und wenn es bereits zu spät ist?
Maria Grundberger: Dann können wir nur Hilfe bei der Bewältigung der Schuldgefühle und Selbstvorwürfe anbieten. Häufig rufen Frauen an, die schon abgetrieben haben, aber damit nicht fertig werden. Ich vermittele diese Frauen oft an christliche Psychologen oder andere Personen, die Ihnen bei der Schuldbewältigung helfen.
VOICE: Kaum bekannt ist die Tatsache, dass etwa 65% der Frauen nach einer Abtreibung massive gesundheitliche Probleme bekommen, die ebenso wie die Abtreibung von den Krankenkassen zu bezahlen sind. Was sind Ihre Erfahrungen hierzu?
Maria Grundberger: Die Frauen sind oft unter Druck durch die sogenannte Beratung zu einer Abtreibung veranlasst worden und erst nachher erkennen sie, was sie getan haben. Sie berichten von Schlaflosigkeit, sexuellen Störungen, Selbstvorwürfen, Angstzuständen und Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken. Aber auch die Männer sind betroffen. Einer Studie der Drexel University in Philadelphia/USA zufolge denken 80 % der Männer nach einer Abtreibung manchmal an das ungeborene Kind, 29% träumen regelmäßig davon und 68% sagen, dass sie eine schwere Zeit nach der Abtreibung durchgemacht haben.
VOICE: Woher nehmen Sie die Kraft, dass Sie auch bei aggressiven Reaktionen stets freundlich bleiben, wie das Gericht Ihnen und den anderen Gehsteigberatern im Prozess bescheinigte?
Maria Grundberger: Ich bin ja nicht allein, denn Gehsteigberatung wird immer durch Gebet gestützt. Wir sind deswegen immer zu zweit im Einsatz. Wir bedrängen auch niemanden. Aggressionen zeigen im Grunde, dass ein Unrechtsbewusstsein da ist, das man sich nicht eingestehen will. Wir beten oft weiter für die Frauen und haben schon erlebt, dass sie unser Gespräch zunächst ablehnten, aber dann plötzlich umkehrten und sich für das Kind entschieden.
VOICE: Was müsste passieren, damit noch mehr Kinder in Deutschland gerettet werden können?
Maria Grundberger: Ich würde mir wünschen, dass es in jeder Stadt Gehsteigberatung gibt, dass wir in der Öffentlichkeit viel deutlicher über das Abtreibungsleid sprechen. Es wird ja nicht nur das Kind getötet, sondern oft auch das Leben der Mutter und des Vaters belastet oder zerstört. Abtreibung ist nicht nur ein moralisches, sondern auch ein volkswirtschaftliches Problem.
VOICE: Gibt es noch etwas, dass Sie unseren Lesern sagen möchten?
Maria Grundberger: Ja, dass wichtig ist, die kleinen unschuldigen, ungeborenen Babys nicht zu vergessen. Sie brauchen unsere Stimme für ihr Leben und jeder kann irgendwie helfen, sei es durch Gebet, persönlichen Einsatz, finanzielle Unterstützung, Hilfe bei Kinderbetreuung usw. Wir haben alle eine Verantwortung für diese Kinder und ihre Familien.
VOICE: Herzlichen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen weiterhin Gottes Segen und viele Spenden für Ihre wichtige Aufgabe.